Andrew Nicoll - Die Liebeslotterie

Wortwanderin | 22. September 2014 | / |



Die Sommertage verbringe ich gerne lesend auf meinem Balkon. Wenn die Sonne mal wieder vom Himmel brennt, greife ich gerne zu eher typischer Frauenlektüre. Die ist leicht und erfordert keine großartigen Hirnleistungen von mir - bei 30 Grad im Schatten ist das ohnehin schwer. Also durchstöberte ich meinen SUB und zog ein Buch heraus, was dort bereits lange gewartet hat: Die Liebeslotterie von Andrew Nicoll.
Klang nach einer süßen Liebesgeschichte, also perfekt für meine Lesestimmung. Warum sich das Buch dann aber eher als Niete heraus stellte, lest ihr hier.





Tibo Krovic ist Bürgermeister von Dot und seit geraumer Zeit in seine Sekretärin Agathe Stopak verliebt. Die wiederum ist verheiratet, doch eine Fehlgeburt setzte ihrem Ehemann so zu, dass er sich inzwischen in den Alkohol geflüchtet hat. Während sie sich anfangs noch krampfhaft bemüht, ihre Ehe zu retten, entspinnt sich bald eine zarte Liebelei zwischen ihr und Tibo. Zu zart für Agathe. Sie ist Opfer ihrer starken sexuellen Triebe, lässt den Bürgermeister fallen und wirft sich dem Erstbesten, der sie befriedigt an den Hals.
Eine runzlige Wirtin, Mamma Cesare, muss mit ihren magischen Fähigkeiten einschreiten um zusammen zu führen, was zusammen gehört.

Was direkt auf der ersten Seite auffällt, ist der ungewöhnliche Stil des Autors. Er ist distanziert und wirkt wenig persönlich, fast hölzern. Dazu verliert er sich in den immer gleichen Wiederholungen. So führt er immer wieder auf, wie sinnlich und kurvig Agathe ist, wie üppig ihr Dekoltée. Fast meint man, der Autor ergötzt sich an seiner eigenen Figur.
Tibo Krovic ist so, wie ihn alle nennen: Gut. Der "Gute" Tibo Krovic lässt leider weitere Charakterzüge vermissen. Außer einer gewissen Schüchternheit im Bezug auf Agathe bleibt er das ganze Buch über ziemlich farblos.
Agathe ist die Art Frau, die eigentlich das Gute will, sich aber aus Verwirrung dem Schlechten in die Arme wirft. Ihrer grenzenlosen Naivität (manche nennen es Hoffnung) geschuldet, lebt sie in einem selbstgeschaffenen Gefängnis, in dem der Mann regiert. Einen Bezug zu den beiden Protagonisten konnte ich zu keinem Zeitpunkt herstellen.

Der Großteil der Handlung findet in der ersten Hälfte des Buches statt - die ich auch noch voll gelesen habe. Ab der Mitte verliert das Buch endgültig auch noch das letzte Bißchen Energie. Ohne Wichtiges zu verpassen, kann man ganze Seiten überspringen und nur nach dem roten Faden lesen. Man wird dabei Zeuge, wie sich Tibo und Agathe immer wieder um sich selbst drehen, aber nicht aus ihrer Haut können. Irgendwann ist man wirklich genervt.

Zum Ende hin, wird es dannn ganz verrückt, denn Agathe verwandelt sich in einen Dalmatiner. Oder tut zumindest so als wäre sie einer. Als Hund, so meint sie, könne sie den Emotionen des Menschseins entfliehen. Fortan lässt sie sich von Tibo auch wie ein Hund behandeln, schläft im Körbchen etc. Statt einzuschreiten und seiner wahrscheinlich psychisch kranke Freundin zu helfen, spielt er das Spiel mit. Agathe hat sich erneut in ein krudes Abhängigkeitsmodell manövriert und erfährt auch noch Unterstützung.
Ach ja, das endgültige Ende ist...ganz im Ernst, ich fand es absurd. Aber meintwegen. Wenn der Autor meint, dass es nur so geht...

 
Ein Buch, das sich als romantische Herzlektüre tarnt und sich als verwirrende Enttäuschung entpuppt.
Genossen habe ich das Die Liebeslotterie nur in sehr kleinen Teilen. Das Buch nimmt nie wirklich Fahrt auf, killt seinen Spannungsbogen, und beherbergt blasse bis seltsame Gestalten. Eine Geschichte so aussagefrei und langweilig, dass ich es nicht vollständig lesen konnte. Von mir keine Empfehlung und 2 Blätter.



Titel: Die Liebeslotterie
Autor: Nicoll, Andrew
Originaltitel: The good mayor
Verlag: rowohlt rororo
Genre: Roman
Seitenzahl: 464
Preis: 9€ (TB und eBook)


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