„RAUM“ ist ein Buch, welches ich schon lange lesen wollte. Für
gewöhnlich meide ich Bücher, die groß gehypet werden/wurden, denn in aller
Regel gefallen sie mir dann doch nicht. Hier wollte ich eine Ausnahme machen,
obwohl die Thematik wirklich nichts ist, wovon man sagen kann, man lese es
wirklich „gern“. Was „RAUM“ letztlich in mir ausgelöst hat, lest ihr hier.
Autor: Emma Donoghue
Titel: RAUM
Originaltitel: ROOM
Verlag: Piper
Seitenzahl: 410
Genre: Roman, Thriller
Preis: 19,99€ (gebundene Ausgabe) | 9,99€ (TB) | 8,49€ (Kindle Edition)
Verfilmung: Angekündigt, Cast wird aktuell noch gesucht
Inhalt
Jack ist gerade fünf Jahre alte geworden und lebt mit seiner
Mutter in Raum. Raum ist alles was er kennt, zwölf Quadratmeter groß und seine
ganze Welt. Er schaut gerne fern, doch er weiß, alles was er dort sieht, ist
nicht echt – echt sind nur er, seine Ma und die Dinge in Raum. Der Tag kommt, an dem seine Mutter ihm erklärt, dass es
außerhalb von Raum noch eine Welt gibt und dass sie versuchen müssen, aus Raum
zu fliehen…
Leseeindrücke
Das gesamte Buch wird aus der Sicht von Jack erzählt, was
dem ganzen Grauen eine unverwüstlich positive Note gibt. Der Kontrast zwischen
dem Schrecken und seiner eigenen liebevollen Wahrnehmung ist packend, schön und
bittersüß. Die kindliche Gedankenwelt des 5-jährigen, der nie etwas anderes als
Raum gesehen hat, lässt den Leser mit tiefem Bedauern und purer Faszination
zurück. Denn Jack liebt Raum, es ist sein Zuhause und dass es im „Draußen“ noch
etwas anderes geben soll, versteht er nicht. Für ihn ist Raum ein Planet, die
Serien im TV sind andere Planeten, die er nicht betreten kann. Außerhalb von
Raum gibt es für ihn nichts und für den völlig abgeschotteten Jungen ist es
äußerst schwer begreifbar, was seine Ma ihm zu erklären versucht. Jack weiß
nur, dass Old Nick noch „in echt“ ist, so wie er und Ma. Denn Old Nick kommt
fast jede Nacht zu Ma. Erst piepst die Tür, dann kommt er herein und lässt das
Bett quietschen. Jack schläft in einem Schrank, um das Elend nicht sehen zu
müssen.
Offizieller RAUM-Grundriss zur Veranschaulichung |
Für den Leser erschließt sich schnell, was mit Jack und
seiner Mutter passiert ist. Jedoch bleiben die genauen Hintergründe und die
Umstände der Gefangenschaft bis etwa zur Mitte des Buches im Dunkeln. Interessant ist die
Herangehensweise der Autorin zu Beginn, denn wir lernen die Tage in Raum
kennen. 130 Seiten lang „quält“ sich der Leser durch eine Beschreibung des
eigentlich immer gleichen Tages, der nur in wenigen Facetten variiert und
lediglich durch Jacks Erzählung an Wärme gewinnt. Manche Kritiker finden dies
langweilig, ich gehe aber davon aus, dass Emma Donoghue diesen Teil mit purer
Absicht so ausgedehnt hat. Denn man wird beim Lesen beinahe selbst verrückt.
Gerade als man meint, noch einen weiteren Tag in Raum ertrage man nicht, nimmt
die Geschichte Fahrt auf.
Jack ist ein wunderbarer, wenn auch anstrengender
Protagonist. Typisch für ein kleines Kind hat er seine herzerwärmenden Momente,
wie auch Situationen in denen klar wird, dass er bockig und unverständig wie
eben jeder andere Junge sein kann. Verständlich ist auch seine unglaublich
intensive Bindung zwischen seiner Mutter und ihm, die er durch den Ausbruch aus
Raum geradezu gefährdet sieht und sich deswegen häufig weigert, den Fluchtplan
durchzuführen. Seine Mutter ist eine überragende Persönlichkeit, für die ich
tiefe Bewunderung empfinde. Das Abhängigkeitsverhältnis zu Old Nick lässt sie
Jack kaum spüren und überschüttet ihn mit Liebe. Sie macht ihm die Tage so
angenehm wie möglich und beschäftigt sich ohne Unterlass mit ihm. Ihre
Verzweiflung, die schwindende Kraft treten nur selten nach außen, so dass Jack
es bemerkt.
Jacks Sprache ist mindestens so kontrastreich, wie seine
Situation. Durch die mangelnden Beschäftigungsmöglichkeiten in Raum (von denen
er aber nichts weiß), hat ihm seine Ma Lesen, Schreiben und Rechnen
beigebracht. All dies beherrscht er überdurchschnittlich gut, und so erzählt er
auf eine Weise, die für einen so kleinen Jungen eigentlich unmöglich ist. Doch seine Isolation zeigt sich auch in seiner Sprache, so
kennt er diverse Wörter nicht oder beschreibt Dinge auf seine Weise.
Gegenstände in Raum beispielsweise, tragen bei ihm keinen Artikel, sondern Namen.
Er sagt „Ich klettere auf Tisch“, „In Schrank ist es dunkel“ usw.
Beim Lesen taucht man völlig in das Buch ab. Die Autorin
fängt einen und schottet den Leser völlig ab. Ein äußerst interessanter Aspekt,
wenn man den Kern der Geschichte betrachtet. Auch wenn das Buch keins der Sorte
ist, die man schnell weg liest, so sitzt man doch oft stundenlang zusammen mit
Jack und Ma in Raum und leidet, hofft und fiebert mit.
Fazit
Ich könnte noch viel, viel mehr zu diesem Roman schreiben,
doch könnte ich nie das intensive Gefühl, welches ich beim Lesen hatte,
einfangen. Für mich ist „Raum“ ein höchst empfehlenswertes, wertvolles Buch.
Schon lange war ich von einem Roman nicht mehr so gefesselt und begeistert. Ich
vergebe fünf Melonen und warte nun gespannt auf die Verfilmung. Mal sehen, wie
sie das Buch umgesetzt haben.