Caragh O'Brien - Die Stadt der verschwundenen Kinder (Birthmarked #1)

Wortwanderin | 8. Juli 2013 | / / / |
Buchdaten

Autor: Caragh O'Brien
Titel: Die Stadt der verschwundenen Kinder
Buchreihe: Birthmarked, #1 von 3
Preis: 16,99€ (gebundene Ausgabe), 8,99€ (TB), 7,99 (Kindle)
Verlag: Heyne
Seitenanzahl: 464
Altersempfehlung: Ab 14 Jahre

Inhaltliches

Wir befinden uns in etwa im Jahr 2400. Die heutige Menschheit ist durch die massive Ausbeutung der natürlichen Ölvorkommen zu Grunde gegangen. Denn ohne Öl keine Nahrungsmittelproduktion (so die Begründung). Während der Großteil der Bevölkerung ein Leben wie im Mittelalter fristet, ist das Überleben innerhalb der sogenannten "Enklave" zumindest gesichert. Diese Stadt lebt mit den Dörfchen außerhalb ihrer Mauern in einer Art Symbiose. Die Enklave liefert Wasser, als Gegenleistung erhält sich von jeder Hebamme die ersten drei entbundenen Babys des Monats.

Gaia ist 17 und wie ihre Mutter eine Hebamme. Noch stellt sie das System nicht in Frage - doch dann werden ihre Eltern ausgerechnet von der Enklave verhaftet. Das Geheimnis, das ihre Familie hütet, reißt Gaia in einen Strudel aus Lügen, Misstrauen, Angst, aber auch dem unbändigen Wunsch nach positiver Veränderung. Was ist der Grund für den Babyhandel? Warum kommt kein Kind zurück? Gaia deckt nach und nach die Wahrheit auf und riskiert dabei ihr Leben.

Eindrücke

Auf die Lektüre dieses Buches habe ich mich sehr gefreut. Von der Trilogie hatte ich nur Gutes gehört und war dementsprechend gespannt. Die Kurzbeschreibung klang vielversprechend und gefiel mir auf Anhieb.
Schade ist, dass es im Deutschen keine knackige Übersetzung für Birthmarked gibt, aber der deutsche Titel trifft zumindest den Inhalt.

Caragh O'Brien schreibt angenehm. Sie verzichtet auf zu übermäßiges Ausschmücken, klingt aber auch nicht hölzern. Die Sätze sind recht kurz und beschleunigen den Lesefluss. Man schafft so locker über 100 Seiten in kurzer Zeit. Auch die Kapitel haben eine ideale Länge und man ist eigentlich nicht dazu gezwungen "mittendrin" zu pausieren.

Die Autorin setzt uns einen hoch spannenden Plot vor, der viel Material hergibt. Doch sie nutzt die Chance, daraus etwas zu machen, leider nicht voll aus. Vieles wirkt an den Haaren herbei gezogen. So hat die Protagonistin Gaia einfach für alles und jeden einen Helfer. Teilweise weiß man gar nicht was, was der da jetzt soll, weil diese Figuren einfach in die Geschichte geschmissen werden, so wie O'Brien sie gerade braucht. Das führt natürlich dazu, dass die selbstmörderischen Handlungen Gaias allesamt funktionieren, so absurd diese auch sein mögen. Als Beispiel sei hier eine Maske aus Teig aufgezählt, die ein Bäcker ihr aufs Gesicht klebt, um die Wachen der Enklave bei Gaias unerlaubtem Zutritt zu täuschen. Ohje!

Gaia selbst soll zwar als mutiges Mädchen dargestellt werden, bleibt aber überraschend farblos. Was vielleicht der Tatsache geschuldet ist, dass sie so gut wie nichts alleine machen muss. Eine Charakterentwicklung findet insofern statt, dass sie von einem blinden Diener zu einem Rebellen wird. Wie schon gesagt, hier wäre ein Ansatz, aber die Möglichkeiten lässt die Autorin weitgehend ungenutzt liegen.
Persönlich ist mir die Liebesgeschichte zwischen Gaia und einer Wache sehr aufgestoßen. Denn diese war über die Maßen hinkonstruiert. Keine Schmetterlinge im Bauch, keine wirkliche Entwicklung, man fragt sich ständig, wo es da jetzt bin gefunkt hat. Und warum. Denn passiert ist nichts. Auf einmal war die Liebe da.
Wenn es doch so einfach wäre, was? Wieder einmal erhält man den Eindruck, die Autorin hätte zur Abrundung unbedingt noch eine Lovestory gebraucht und man schnell einen geeigneten Partner für Gaia in den Verlauf geworfen.

Das Fortschreiten des Plots und auch die Erklärung des Babyhandels sind ganz gut gelungen. Interessant finde ich die Motivation der Enklave, Kinder einzuziehen. In gewisser Weise ist sie sogar verständlich (wenn auch die Umsetzung wirklich übel ist). Das Buch weist einen netten Spannungsbogen auf, der Höhepunkt ist dafür wieder mittelmäßig und schlicht zu einfach. Es endet geschlossen, aber mit der Möglichkeit für mehr. Und mehr gibt es ja, immerhin sind Band 2 und 3 bereits erschienen.

Fazit

"Die Stadt der verschwundenen Kinder" ist bei aller Kritik kein Buch, das man schreiend an die Wand werfen möchte. Es ist nicht wirklich gut, aber für schlecht ist es zu gut. Schließlich will man ja doch wissen, was jetzt aus dem Deal mit den Babys wird und ob Gaia es schafft, die Enklave zu Fall zu bringen. Dies ist ein Buch, das ich in seinem Ansatz sehr mag, von dem ich mir jedoch wünsche, jemand anderes hätte ihn umgesetzt.

Das Genre der Dystopie ist mein Highlight unter allen Genres. Ich lese es mit Abstand am liebsten und kann im Vergleich sagen, dass es weit bessere Plots gibt als diesen. Wir haben hier ein durchschnittliches Buch mit viel Potenzial und eher dürftiger Umsetzung. Leider muss man sagen, denn eigentlich ist die Idee sehr spannend. Die Ausarbeitung der Charaktere ist ganz okay, wenn man die Leseempfehlung von 14 Jahren im Hinterkopf hat. Erfahreneres Publikum dürfte aber mehr verlangen.

Ich vergebe 3 Melonen.


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